Mettmann: Zum Feuerlöschen nach Arabien
ots/Feuerwehr Velbert
Velbert (ots) - Wenn ihm nicht im letzten Augenblick Corona einen Strich durch die Rechnung zieht, macht sich Kirill Selenin am Sonntag auf den Weg zu einem nicht alltäglichen Job: Der Unterbrandmeister aus dem Löschzug 5 (Neviges) fliegt in die Vereinigten Arabischen Emirate, um in Ra's al-Chaima als Feuerwehrmann zu arbeiten. Dass der 26-jährige Nevigeser die Stelle in einer Region antritt, in der andere ihren Urlaub verbringen, war alles andere als geplant - und nahm seinen Anfang mit einem Urlaub.
Kirill Selenin wurde 1994 im westsibirischen Tjumen geboren; im Jahr darauf zog die Familie mit deutschen Wurzeln in die Bundesrepublik und ließ sich in Neviges nieder. Der Ort hat es Selenin bis heute angetan: "Ich liebe Neviges", bekennt der 26-Jährige, der sich bislang nicht vorstellen konnte, den Wallfahrtsort etwa für einen Job zu verlassen. Mit zwölf Jahren kam er durch einen Klassenkameraden zur Jugendfeuerwehr, in der er heute noch als Ausbilder tätig ist. Dem Wechsel in den Löschzug folgte die übliche, solide Ausbildung zum freiwilligen Feuerwehrmann mit den Grundlehrgängen zu Truppmann und Truppführer, zum Atemschutzgeräteträger, dazu Sprechfunk- und ABC-Lehrgänge. Im August absolvierte Selenin schließlich auf Vorschlag der Führung der Nevigeser Löschzüge am Institut der Feuerwehr in Münster die Ausbildung zum Gruppenführer.
Anlass für die erste Reise in die Vereinigten Arabischen Emirate war indessen ein Herzenswunsch seiner Mutter: "Das war immer ein Traumreiseziel für sie", berichtet der junge Nevigeser, der deshalb mit ihr im vergangenen Dezember den Flug nach Dubai antrat. Zu der Tour gehörte auch ein Aufenthalt in Ra's al-Chaima. "Nicht weit von unserem Hotel entfernt stand eine Feuerwache", so Selenin, dessen Interesse sofort geweckt war: "Das ist typisch Feuerwehr: Man schaut gern einmal bei den anderen vorbei, um zu erfahren, wie sie arbeiten, wo die Einsatzschwerpunkte liegen, wie sie organisiert sind." Große Überraschung: Der Team Head der Wache, vergleichbar mit einem hiesigen Zugführer, war ein Deutscher, und mit zwei weiteren Deutschen, je einem Österreicher, Italiener und Polen war die Schicht auch sehr international besetzt. Der Leiter der Wache drückte Kirill Selenin schließlich nach einer ausgiebigen Führung, einer längeren Unterhaltung und gezielten Fragen unter anderem nach der Ausbildung als Feuerwehrmann seine Visitenkarte in die Hand: "Mit der Bemerkung, falls ich mal eine Bewerbung schreiben möchte ..." erinnert sich der Unterbrandmeister.
Wieder zu Hause, sprach Selenin mit Familie und Freunden über die Idee und beschloss Anfang des Jahres, es zu versuchen. Auf die Bewerbung folgte die Anfrage nach etlichen Unterlagen zur bisherigen Tätigkeit in der Feuerwehr, Ausbildung, Einsätze, aber auch zur Infrastruktur von Velbert wie Verkehr, Industrie, Landwirtschaft und der Velberter Feuerwehr: "Man wollte zum Beispiel wissen, mit welcher Art von Einsätzen wir hier zu tun hat, um sich ein Bild vom meiner Erfahrung zu machen." Zudem musste sich der Nevigeser in einem kurzfristig anberaumten Online-Interview mit einer Personalreferentin der Feuerwehr in Ra's al-Chaima einem umfangreichen Fragenkatalog stellen - das ganze auf Englisch, was Selenin dank guter Sprachkenntnisse und guter Vorbereitung auch auf technische Fragen offensichtlich überzeugend gelang. Anschließend erfolgte noch ein Security Check durch die dortigen Behörden: "Am 10. März bekam ich dann eine Mail, dass man mich als Assistant Supervisor in Ra's al-Chaima, einem von vier Feuerwehrstandorten im Emirat, einstellen will." Aufgaben sind die Unterstützung bei der Schulung und im Einsatzfall die Funktion als Truppführer auf dem ersten oder zweiten Fahrzeug. Gearbeitet wird in Schichten - 48 Stunden Dienst, 96 Stunden frei. Schwerpunkt ist die Brandbekämpfung, technische Hilfe insbesondere im Verkehr sei vornehmlich Sache der Polizei, die entsprechend ausgerüstet ist. Überhaupt die Ausstattung: "Geld ist offensichtlich kein Problem", hat Selenin bereits bei der Besichtigung der Wache im Dezember gesehen. Zum hervorragend ausgestatteten Fahrzeugpark gehört zum Beispiel wegen der vielen Hochhäuser eine 52-Meter-Drehleiter. Was anders ist: Es gibt ein sehr gutes Wasserleitungsnetz, aber keine Hydranten. "Löschwasser wird in Tankfahrzeugen mitgenommen." Ansonsten sei die Feuerwehr auf dem neuesten Stand, arbeite zum Beispiel beim Atemschutz nach deutschen Standards.
Nach der Zusage passierte zunächst dank Corona nichts mehr: Der Flugverkehr war weitestgehend eingestellt, Reisen unmöglich. "Als Anfang August der Flughafen in Dubai wieder öffnete, kam umgehend die Anfrage, ob ich noch Interesse hätte und wann ich kommen könnte." Der Abflug ist nun für den kommenden Sonntag vorgesehen. Letzte Hürde: Ein Corona-Test, nicht älter als 96 Stunden. Dem unterzieht sich der Nevigeser am Donnerstagmorgen in Düsseldorf; das Ergebnis soll er noch am selben Tag erhalten und sofort nach Arabien senden: "Ist alles ok, bekomme ich umgehend per Internet die Flugunterlagen." Die Koffer sind jedenfalls gepackt, der Job bei einem örtlichen Unternehmen für Fugensyteme ist gekündigt: "Ich gehe davon aus, dass alles klappt", gibt sich der Feuerwehrmann optimistisch. Die Unterbringung in einem Hotel vor Ort ist schon organisiert, die ersten Tage sind bereits mit Behördengängen und Akklimatisierung verplant. Die Verständigung sollte kein Problem sein, da die Einheimischen aufgrund des großen Zustroms an Touristen fast alle englisch sprächen: "Dadurch sind die Menschen dort auch sehr weltoffen." Dass er einmal im Ausland arbeite, hätte er nie gedacht: "Jetzt freue ich mich auf die Herausforderung", sagt Kirill Selenin. Auf ein Jahr ist zunächst das Arbeitsvisum befristet, zwei Jahre möchte er aber gern bleiben: "Wer weiß - wenn es mir gefällt, hänge ich vielleicht zwei weitere Jahre dran."
Seine Freunde bei der Feuerwehr in Neviges freuen sich jedenfalls mit ihm: "Das ist eine ganz großartige Chance", findet Stadtbrandinspektor Tobias Flentje-Meier. Der Einsatzbereichsführer Neviges wünscht dem Unterbrandmeister alles Gute: "Ich hoffe, dass er eines Tages zurückkommt und seine Erfahrungen bei uns einbringt."
Ra's al-Chaima ist die Hauptstadt des gleichnamigen Emirates, welches mit sechs weiteren die "Vereinigten Arabischen Emirate" bildet und auch als RAK abgekürzt bekannt ist. Die Stadt liegt an der Küste des Persischen Golfs, etwa 100 Kilometer nordöstlich von Dubai. Wirtschaftlich ist heute neben Handel und Landwirtschaft der Tourismus für das Emirat von großer Bedeutung.
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