Innsbruck: Tiroler Bäuerinnen im und nach dem Ersten Weltkrieg
Foto: ULB Tirol
Schriftzeugnisse von Frauen im ländlichen Raum sind für die Zeit des Ersten Weltkriegs schwer zu finden. Bemerkenswert also, dass in der Tiroler Bauern-Zeitung verschiedene Beiträge von Leserinnen veröffentlicht wurden, die Einblicke in einen harten Alltag geben.Von Isabella Brandstätter
Als Presseorgan des Bauernbundes wurde die Tiroler Bauern-Zeitung vom späteren Landeshauptmann Josef Schraffl, dem Priester und christlichsozial gesinnten Politiker Ämilian Schöpfer und dem Dichter Sebastian Rieger, weitläufig bekannt als Reimmichl, etabliert. Dass dieses Periodikum eine gewisse „Schlagseite“ hatte, ist somit naheliegend.
Besonders während des Ersten Weltkriegs, aber auch danach lassen sich spannende Erfahrungsberichte von Bäuerinnen finden. Inwiefern es redaktionelle Eingriffe gab, ist allerdings nicht bekannt.
Höfe ohne Männer
Die Kriegsmobilisierung um 1914 brachte eine bedeutende Störung der traditionellen Arbeitsteilung im ländlichen Raum mit sich; immerhin handelte es sich um 85.000 einberufene Männer, also um mehr als ein Drittel der um 1910 in der Tiroler Landwirtschaft Beschäftigten! Die Produktionsleistung war nun also von den Zuhausegebliebenen abhängig, unter anderem den Frauen. Sie hatten sich den unterschiedlichsten Anforderungen zu stellen. Eine Bäuerin schrieb 1917 beispielsweise an die Redaktion, dass ihr hoch verschuldetes Anwesen, welches der seit „der Mobilisierung einberufene Gatte“ übernommen hatte, mit 12.000 Kronen belastet sei. Zudem seien drei Kinder im Alter von sechs Monaten bis vier Jahren sowie der arbeitsunfähige Vater und der Onkel zu versorgen. Ferner mussten an stelle des Ehemanns zwei neue Dienstboten eingestellt werden, was die finanzielle Situation weiter anspannte. (Ausgabe 20. April 1917, 12)
Zu finden waren aber auch Beiträge von männlichen Zeitgenossen, die eine Fremdwahrnehmung auf weibliche Arbeit im Hinterland zeigten, etwa wenn von „schwerem und verantwortungsvollem Wirken“ der Bäuerinnen geschrieben wurde, das bislang zu wenig Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gefunden habe. Außerdem wurden Teile der städtischen Bevölkerung kritisiert, dort habe man „kaum einen Blick und ein Verständnis für die […] opferreiche und entsagungsvolle Arbeit […] [der] Frauen auf dem Lande.“ (Ausgabe 12. Jänner 1917, 5) Dieses Schreiben zeigt unter anderem den Stadt-Umland-Konflikt, der sich vor allem in Kriegszeiten zuspitzte.
Quelle: Stadt Innsbruck