Gießen: Maßnahmen gegen organisierte Schwarzarbeit Sechs Beschuldigte festgenommen
ots/Hauptzollamt Gießen
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Gießen (ots) - Gießen/Koblenz Die Staatsanwaltschaft Koblenz führt gegen 15 männliche und 2 weibliche Beschuldigte im Alter von 30 bis 75 Jahren Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sowie des Betruges beziehungsweise der Beihilfe zu diesen Taten.
Zwei Beschuldigte, ein 75jähriger deutscher und eine 63jährige deutsche Staatsangehörige aus der Region Koblenz, sind verdächtig, seit 2015 gewerbsmäßig mittels sog. Servicefirmen Abdeckrechnungen in großem Umfang erstellt und in den Verkehr gebracht zu haben. Dadurch sollen sie es ihren Auftraggebern ermöglicht haben, Schwarzarbeit in der Baubran-che zu verschleiern und zu finanzieren. Die von den beiden Beschuldigten betriebenen Firmen haben ihren formellen Sitz in Limburg an der Lahn. Tatsächlich befinden sich die Büroräume in einer Kleinstadt im Landkreis Neu-wied. Die Firmen sollen den Geschäftsbetrieb eines Bauunternehmens lediglich vorgetäuscht, tatsächlich aber als sog. Servicefirmen Abdeckrechnungen erstellt haben. Gegenstand solcher Rechnungen sind angebliche Subunternehmerarbeiten. Die in Rechnung gestellten Leis-tungen sollen indes nicht erbracht, sondern nur vorgetäuscht worden sein. Es besteht der Verdacht, dass die Rechnungsempfänger die fingierten Rechnungen trotzdem beglichen, weil die Betreiber der Servicefirmen ihnen die Gelder unmittelbar nach Überweisung abzüglich einer Provision bar zurückzahlten und die Rechnungsempfänger die in Rechnung gestellten, fingierten Subunternehmerleistungen als Betriebsausgaben verbuchen konnten. Dadurch sollen erhebliche Bargeldbeträge zur Verfügung gestanden haben, um Löhne zu zahlen, ohne Sozialversicherungsbeiträge oder Beiträge in die Sozialkasse der Bauwirtschaft abzuführen. Der den beiden Betreibern der Servicefirmen zur Last gelegte Gesamtschaden soll ca. 30 Mil-lionen EUR betragen.
Bei den übrigen Beschuldigten handelt es sich zum einen um Angestellte der Servicefirmen, zum anderen um die Käufer der Abdeckrechnungen. Die Käufer der Abdeckrechnungen stehen in Verdacht, als Geschäftsführer oder Inhaber von überwiegend in Nordrhein-Westfalen ansässigen Bauunternehmen mittels dieses Systems Bauaufträge teilweise mittels Schwarzarbeit ausgeführt und sich dadurch zugleich große Wettbewerbsvorteile gegenüber redlichen Unternehmen verschafft zu haben. Der den Rechnungskäufern zur Last gelegte Schaden beträgt je Firma circa eine Million EUR, im Fall eines in Siegburg ansässigen Bauunternehmens sogar circa neun Millionen EUR.
In den frühen Morgenstunden des 04.11.2020 haben im Auftrag der Staatsanwaltschaft Kob-lenz mehr als 500 Einsatzkräfte der Hauptzollämter Koblenz und Gießen in Zusammenarbeit mit der Steuerfahndung Koblenz insgesamt 73 Wohnungen und Geschäftsräume in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen durchsucht.
Dabei konnte umfangreiches Beweismaterial sichergestellt werden. Außerdem wurden vor-läufige vermögensabschöpfende Maßnahmen ergriffen, indem beträchtliche Vermögenswer-te gesichert und die Bankkonten der beteiligten Firmen sowie deren Forderungen gegen ihre Auftraggeber gepfändet wurden. Zum Einsatz kamen auch Spezialkräfte des Zolls für IT-Forensik und Vermögensabschöpfung. Zudem suchten Bargeldspürhunde des Zolls in mehre-ren Durchsuchungsobjekten nach verstecktem Geld. Bei zwei Beschuldigten konnte Bargeld in sechsstelliger Höhe sichergestellt werden. Bei einem Beschuldigten wurde eine Schusswaffe gefunden, für die er die erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis nicht besitzen soll.
Gegen insgesamt sechs Beschuldigte, vier deutsche Staatsangehörige, darunter die beiden Betreiber der Servicefirmen, einen serbisch-kosovarischen und einen bulgarischen Staatsangehörigen wurden Haftbefehle des Amtsgerichts Koblenz vollstreckt. Sie werden heute der zuständigen Ermittlungsrichterin vorgeführt.
Die weiteren Ermittlungen werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Quelle: Original-Content von: Hauptzollamt Gießen, übermittelt durch news aktuell