Salzburg: Männerbüro zeigt Auswege aus der Gewaltspirale

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v.l.: Hildegard Mackinger (Stellv. Präsidentin), Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf, Hansjörg Hofer (Weihbischof), Bürgermeister-Stellvertreter Kay-Michael Dankl, Stadträtin Andrea Brandner und Rainer Konderla (Leiter Männerbüro); Stadt Salzburg
Foto: Land Salzburg/Neumayr/Leopold
16 Sep 20:00 2024 von Redaktion Salzburg Print This Article

750 Personen erhielten im Vorjahr eine Pflichtberatung / Niedrige Rückfallquote / Drei Fragen an Leiter Rainer Konderla

(HP) Zirka 750 Gefährder und Gefährderinnen wurden im Vorjahr der Beratungsstelle für Gewaltprävention Salzburg zugewiesen. Der überwiegende Teil davon war männlich. In Salzburg gibt es mit dem Männerbüro eine Anlaufstelle, die Wege aus der Gewaltspirale aufzeigt. Genauso hilft das mehrsprachige Team bei ganz alltäglichen Problemen, und beugt so vor, dass Gewalt gar nicht erst entsteht. Am Wochenende wurde auf 25 Jahre Beratungsarbeit zurückgeblickt.

Kommt es zu einem Betretungs- und Annäherungsverbot, müssen Gefährder verpflichtend eine Beratung aufsuchen. Das bei der Katholischen Aktion der Erzdiözese angesiedelte Männerbüro mit Standorten in der Landeshauptstadt und in Hallein hat diese Aufgabe im Auftrag des Innenministeriums in Kooperation mit Jugend am Werk Salzburg seit drei Jahren übernommen. Betreut wird auch die Helpline 0800 400 777 für Männer und Burschen in akuten Krisen.

Pallauf: „Bestens vernetzte Beratung.“

Das Männerbüro ist bestens vernetzt und arbeitet mit ihren Expertinnen und Experten und anderen Institutionen, vor allem Opferschutzeinrichtungen, eng zusammen. „Dafür herzlichen Dank und alles Gute für die weitere Zukunft. Besonders wichtig erscheint mir, dass es auch einen Ort, eine Beratung und eine Unterstützung gibt, die Männer bestärkt, neue Wege zu gehen und sich aktiv als Partner und Väter im Familiengeschehen zu engagieren“, so Pallauf bei der 25-Jahr-Feier.

Hilfe für Männer – ohne Tabus

Das Männerbüro kann auf Erfahrungen seit einem Vierteljahrhundert zurückgreifen. „Männer erhalten anonym und tabufrei Hilfestellung bei Problemen sowohl in der Gesellschaft als auch in der Familie. Schon dadurch zeigen sie Stärke, indem sie Unterstützung annehmen und sich mit anderen Lebensentwürfen auseinandersetzen“, betonte Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf.

Svazek: „Raus aus der Gewalt.“

„Gewalt – vor allem gegen Frauen – endet nicht mit dem Einschreiten der Polizei. Aber es gibt Möglichkeiten zu verhindern, dass sie sich wiederholt. Und Möglichkeiten, dass es erst gar nicht so weit kommt. Hier leistet das Männerbüro einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft“, unterstrich Landeshauptmann-Stellvertreterin Marlene Svazek anlässlich der Jubiläumsveranstaltung. Das Land unterstützt die Arbeit des Männerbüros und der Gewaltprävention jährlich mit rund 50.000 Euro.

Am Opfer orientierte Täterarbeit

Die Rückfallwahrscheinlichkeit, dass weitere Betretungs- und Annäherungsverbote erfolgen, ist bei den beratenen Tätern mit zirka fünf Prozent gering. Darüber hinaus wird ein Anti-Gewalt-Training unter dem Titel „opferschutzorientierte Täterarbeit“ angeboten. Dabei handelt es ich um ein Beratungsangebot des Männerbüros und der Beratungsstelle Männerwelten von Jugend am Werk, an dem Männer aus eigenem Antrieb oder im Anschluss an die Gewaltpräventionsarbeit freiwillig teilnehmen.

Frauen als Opfer, aber nicht nur

60 Prozent der Betretungs- und Annäherungsverbote betrafen 2023 Beziehungsgewalt von Männern gegenüber Frauen. Aber auch Gewalt eines Vaters oder einer Mutter gegenüber ihren Kindern oder umgekehrt sowie der Geschwister gegeneinander macht ein Fünftel der Fälle aus. Das Landes-Medienzentrum (LMZ) hat mit Rainer Konderla, der das Männerbüro gemeinsam mit Martin Rachlinger leitet, über Angebote und Erfahrungen in der Männerarbeit gesprochen.

LMZ: Welche Probleme werden besprochen?

Rainer Konderla: Verstärkt durch die Pandemie taucht das Thema ‚Einsamkeit von Männern‘ vermehrt in der Beratung auf. Ausweichen in die sozialen Netzwerke verstärkt meist die Isolation, man gerät in eine Echokammer. Das wiederum kann zu einer Radikalisierung führen - politisch, religiös oder antifeministisch. Aus unserer Sicht kann die Betreuung von Eltern, Verwandten und Ehegatten entlastend wirken, wenn gemeinsam nach Strategien gesucht wird, Menschen wieder zurück in ein ‚normales‘ Leben zu führen.

LMZ: Wie läuft die Beratungsarbeit ab?

Rainer Konderla: Neben der Gewaltprävention ist die Sozialberatung unser zweiter Schwerpunkt. Wir bieten einen niederschwelligen Zugang zu den Themen Obsorge, Finanzen, Scheidung und Besuchskontakte. Zum Einsatz kommen hier Fachleute für Sozialarbeit, Lebens- und Sozialberatung, Rechtsfragen, Psychotherapie oder Schuldenberatung. 2023 fanden annähernd 900 Beratungen statt - in Dari und Farsi, Serbokroatisch, Italienisch und Englisch und natürlich Deutsch. Bei praktischen Problemen wie Formulare auszufüllen oder Anträge einzubringen steht eine Gruppe ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer bereit.

LMZ: Wie können Männer erreicht werden?

Rainer Konderla: Zwei Initiativen liegen mir da sehr am Herzen. Das ist einerseits die Sendung Männer: Fragen auf YouTube und FS1. Experten aus Salzburg sprechen dabei über Schulden, Sucht, Gewalt, Kinderrechte, Wohnungslosigkeit und Armutsgefährdung oder aber zu „Wohin mit meiner Wut?“. Wir wollen die Schwelle zur Männerberatung so niedrig wie möglich machen. Unsere Botschaften sind einfach: „Ganz vielen geht es ähnlich“ und „Es gibt eine Lösung“.

Zeit mit Papa

Es gibt neben der Beratungsarbeit noch eine zweite Schiene, die gewaltpräventiv wirkt: Das Vater-Kind-Programm, ein erlebnispädagogisches Angebot für Väter und männliche Bezugspersonen und deren Kinder – Rafting auf der Saalach, wandern und übernachten in den Bergen, gemeinsam Brot backen, ein Fechtkurs. „Eine Möglichkeit für schöne, intensive Erlebnisse von Vätern und Kindern“, so Rainer Konderla.

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Quelle: Land Salzburg



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