Lübeck : Klarer Kompass für Klimaschutz
Foto: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
Deutscher Umweltpreis der DBU wird heute in Lübeck verliehen
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) mit Sitz in Osnabrück verleiht heute (Sonntag) in Lübeck den diesjährigen Deutschen Umweltpreis von insgesamt 500.000 Euro, eine der höchstdotierten Umweltauszeichnungen Europas. Überreicht wird der Preis von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an Klimawissenschaftlerin Prof. Dr. Friederike Otto und Holzbau-Pionierin Dipl.-Ing. Dagmar Fritz-Kramer. Trotz verheerender Kriege wie in der Ukraine und Nahost "machen die beiden Preisträgerinnen Mut, nicht zu verzagen und Arten- sowie Umweltschutz anzupacken", sagten DBU-Kuratoriumsvorsitzender Prof. Dr. Kai Niebert und DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. Ein "klarer Kompass für Klimaschutz" sei mehr denn je notwendig. Die von Tatjana Geßler moderierte Veranstaltung wird live übertragen: www.dbu.de/live.
Gefahr fürs Schelfeis und drohende Klima-Kipppunkte
Jüngste Studien bestätigen Nieberts und Bondes Aufruf: So kommt eine Untersuchung des Polarforschungsprogramms Großbritanniens zum Schluss, dass das Schelfeis in der westantarktischen Amundsensee komplett abschmelzen könnte - selbst bei Erreichen des sogenannten 1,5-Grad-Ziels. Auf der Pariser Weltklimakonferenz hatten sich die beteiligten 200 Staaten 2015 darauf geeinigt, die Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Zudem warnt ein Bericht der Vereinten Nationen vor irreversiblen Klima-Kipppunkten. Als Schlüsselrisiken werden - neben der Gletscherschmelze - unter anderem Artensterben, Dürren, Wassermangel und Weltraumschrott genannt.
Niebert: Nicht nachlassen bei Nachhaltigkeit und Transformation
Bonde verband damit seinen Appell, Klima- und Biodiversitätskrise "als gemeinsames Aufgaben-Paket zu begreifen. Beides ist untrennbar miteinander verbunden." Der DBU-Generalsekretär erneuerte seine Forderung vom Vortag auf einem DBU-Symposium zum Thema: "Eine naturverträgliche Ökonomie muss Standard werden." Bonde: "Was Wirtschaft leisten kann, stellt Baufritz-Geschäftsführerin Dagmar Fritz-Kramer Tag für Tag unter Beweis." DBU-Kuratoriumsvorsitzender Niebert mahnte angesichts der weltweit wütenden Kriege, "dass wir nicht in Panik und Angst verfallen. Der Weg zur Nachhaltigkeit und Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft ist keine Schönwetterpolitik. Wir dürfen hier nicht nachlassen und müssen auch in größten Krisen handlungsfähig bleiben." Ottos Arbeit sei dafür "enorm wichtig".
Bonde: Preisträgerinnen sind echte Inspiration und Motivation
Nach Bondes Worten sind Friederike Otto und Dagmar Fritz-Kramer "echte Inspiration und Motivation, aus den bereits unübersehbaren Folgen der Erderwärmung zu lernen und noch mehr Umwelt- und Ressourcenschutz umzusetzen". Friederike Otto vom Imperial College London habe sich als "exzellente Klimawissenschaftlerin um die sogenannte Zuordnungswissenschaft verdient gemacht". Die auch Attributionsforschung genannte Disziplin spürt der Frage nach, welche Rolle der Klimawandel beim Wetter spielt - ob es also Zusammenhänge zwischen Klimaveränderungen und Extremwetter wie Hitzewellen, Dürren, Überflutungen und Starkregen gibt. 2015 hat die 41-jährige Klimawissenschaftlerin zusammen mit ihrem mittlerweile verstorbenen niederländischen Kollegen Prof. Dr. Geert Jan van Oldenborgh die Initiative World-Weather-Attribution (WWA) gegründet und das Verfahren der Attribution von extremen Wetterereignissen zum menschengemachten Klimawandel maßgeblich mitentwickelt. Drei Faktoren zeichnen Ottos Arbeit aus: die schnelle Veröffentlichung wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse über mögliche Zusammenhänge zwischen globalem Klimawandel und regionalem Extremwetter, neben Ursachenforschung auch die Darstellung lokaler Folgen der globalen Klimakrise sowie schließlich drittens Vorschläge für wirksame Anpassungsmaßnahmen.
Gebäudesektor Schlüsselfaktor für Klimaneutralität
Dagmar Fritz-Kramer ist als Geschäftsführerin des Allgäuer Familienbetriebs Bau-Fritz GmbH & Co. KG, kurz Baufritz, Bonde zufolge "Ideengeberin für neue Wege im Bausektor". Das Unternehmen leiste "vorzügliche Pionierarbeit" und mache seit Jahrzehnten vor, wie Klima- und Umweltschutz durch Fertigholzbau bei Häusern, Wohnungen und Sanierungen gelinge. Baufritz sei Motor für Branche und Bauwende und der Baustoff Holz "ein exzellenter Klimaschützer, der große Mengen an Kohlenstoff speichert und auf diese Weise die Bildung von klimaschädlichem Kohlendioxid verhindert". Der Gebäudesektor ist ein Schlüsselfaktor, wenn Deutschland wie geplant bis 2045 klimaneutral werden will: Er verursacht hierzulande etwa 40 Prozent der bundesweit jährlich ungefähr 746 Millionen Tonnen Emissionen an klimaschädlichen Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2). Baufritz verarbeitet nach eigenen Angaben in Zusammenarbeit mit Säge- und Hobelwerken im 120-Kilometer-Radius pro Jahr vor allem "heimisches Fichtenholz vor der Haustür". Aus nahezu 11.900 Kubikmetern entstehen etwa 143.000 Quadratmeter Fläche - von Wänden über Dächer bis hin zu Decken. Jedes Baufritz-Gebäude bedeute eine CO2-Ersparnis von rund 50 Tonnen, pro Jahr also etwa 12.000 Tonnen Kohlendioxid. Und allein die Sanierung der Gebäudehülle eines Hauses aus den 1950er-Jahren kann demnach den Verbrauch an Heizenergie auf rund ein Viertel des ursprünglichen Zustands senken.
Traditionsreicher Handwerksbetrieb und international renommierte Klimaforscherin
Diplom-Ingenieurin Dagmar Fritz-Kramer ist seit 2004 geschäftsführende Gesellschafterin im Familienbetrieb, der 1896 seinen Anfang nahm und mittlerweile in vierter Generation existiert. Klimawissenschaftlerin Friederike Otto ist eine Leitautorin des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarats (IPCC).
- Daten, Zahlen, Fakten im DBU-Umweltpreis-Blog: https://www.dbu.de/umweltpreis-blog/
Hintergrund:
Mit dem 2023 zum 31. Mal verliehenen Deutschen Umweltpreis der DBU werden Leistungen von Menschen ausgezeichnet, die vorbildlich zum Schutz und Erhalt der Umwelt beitragen. Kandidatinnen und Kandidaten werden der DBU vorgeschlagen. Berechtigt dazu sind etwa Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, Kirchen, Umwelt- und Naturschutzverbände, wissenschaftliche Vereinigungen und Forschungsgemeinschaften, Medien, das Handwerk und Wirtschaftsverbände. Selbstvorschläge sind nicht möglich. Eine vom DBU-Kuratorium ernannte Jury unabhängiger Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und gesellschaftlichen Gruppen empfiehlt dem DBU-Kuratorium Preisträgerinnen und Preisträger für das jeweilige Jahr. Das DBU-Kuratorium fällt die endgültige Entscheidung. Infos zum Deutschen Umweltpreis und Ausgezeichneten: https://www.dbu.de/umweltpreis sowie https://www.dbu.de/umweltpreis-blog/
Quelle: OTS