Diskussion: Umgang der Medien mit Fake-News hat sich gebessert

Slide background
Diskussion: Umgang der Medien mit Fake-News hat sich gebessert
Foto: APA
15 Apr 18:00 2021 von OTS Print This Article

Brodnig: Positive Entwicklung bei Faktenchecks, aber „kein Allheilmittel“ - Kotynek: „Müssen noch klarer sein“ - Bruckenberger: „Gibt ein gemeinsames Problembewusstsein“

Wien (OTS) - Medien sind kompetenter im Umgang mit Falschinformationen geworden, müssen aber auch Vertrauen aufbauen und Klarheit schaffen, um bei der Bevölkerung Gehör zu finden. So lautete der Tenor bei einer von der APA veranstalteten digitalen Diskussion zum Thema „Fakt statt Fake“ am Mittwochabend. Die Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer beschäftigten sich u.a. mit der Frage, wie Qualitätsmedien vertrauenswürdige Nachrichten angesichts einer Pseudoinformationsflut durchsetzen können. Durch die Diskussion führte Katharina Schell, Mitglied der APA-Chefredaktion.

„Wir werden niemals in einer Gesellschaft ohne Desinformation leben“, stellte die Digitalexpertin Ingrid Brodnig zu Beginn klar. Diese kämen wellenartig, wobei polarisierende Streitthemen ein Einfallstor darstellten. Insofern habe man Glück gehabt, dass die Corona-Pandemie erst im Jahr 2020 startete, meinte Brodnig. Medien wären etwa durch den Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016 sensibilisiert worden und setzten vermehrt auf Faktenchecks.

Martin Kotynek, Chefredakteur des „Standard“, sieht die Tageszeitung als Diskursmedium. „Wir werten die Postings auf unserer Homepage aus und versuchen besonders verbreitete Fragen in unsere Berichterstattung einfließen zu lassen“, gab er Einblick in den Redaktionsalltag. Dabei setze man neben zahlreichen Faktenchecks auch auf Live-Chats mit Experten und ermuntere Redakteure, in Gespräche mit den Usern einzutreten.

Auch die APA – Austria Presse Agentur setzt auf das Prüfen von Informationen. Seit Februar des Vorjahres werden mittlerweile auch vom International Fact Checking Network (IFCN) zertifizierte Faktenchecks als eigenes Format ausgewiesen. „Gerade in Zeiten der Verunsicherung braucht es gesicherte Informationen. Unser Faktencheckteam liefert diese“, sagte Johannes Bruckenberger, Chefredakteur der APA. Es gelte die „bestmögliche Version der Wahrheit“ zu finden. Dafür benötige man angesichts eines hohen Desinformationslevels neue Fähigkeiten und Herangehensweisen wie den Einsatz von Daten-Tools oder hohe Kompetenz im Umgang mit sozialen Medien.

„Falschmeldungen wird man nie los, aber man kann etwas dagegen tun, um sie zu reduzieren“, sagte Guido Bülow, Head of News Partnerships Central Europe bei Facebook. Der US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 habe einen Wendepunkt für den Onlinegiganten dargestellt. „Wir haben investiert, um Falschmeldungen zu bekämpfen“, so Bülow - etwa in die Zusammenarbeit mit Organisationen, die Faktenchecks anbieten. Das soziale Netzwerk reduziere von Faktencheckern markierte Beiträge in der Sichtbarkeit. Damit einhergehende Reichweiteneinbuße nehme man in Kauf. „Wir wollen eine echtere Kommunikation zwischen den Nutzern“, erklärte er.

Brodnig sieht im verstärkten Aufkommen von Faktenchecks zwar eine positive Entwicklung, doch seien diese „kein Allheilmittel“ gegen Falschinformationen. „In einer optimalen Welt wäre Expertise das entscheidende Kriterium, warum man einer Meldung Glauben schenkt. Aber sie ist oft weniger wert als das Vertrauen, das eine Quelle bei einer konkreten Zielgruppe genießt“, gab die Digitalexpertin zu bedenken. Auch sei Gewissheit attraktiv. Diese könnten Wissenschaft und Journalismus in einer komplexen Welt aber nicht immer bieten. Fakt sei zudem, dass Emotionen wie Wut und Angst, die gerne von Verschwörungserzählungen oder Falschinformationen bedient werden, stärker aktivieren. Folglich müssten auch seriöse Medien darauf setzen, derartige Emotionen dort zu vermitteln, wo sie auch angemessen seien, meinte Brodnig.

„Glaubwürdigkeit ist das höchste Gut für ein Medium“, sagte Bruckenberger. Diese werde jedoch in „aufgeheizten Medienmärkten“ von Seiten der Bevölkerung, aber auch durch „Tarnkappenjournalismus“ in Frage gestellt. „Die Antwort darauf kann nur sein: ausgewogene, faktenbasierte Berichterstattung, Transparenz, Gegenmeinungen einholen, Fehler transparent machen und korrigieren“, so der APA-Chefredakteur. Auch müsse man mehr Gelassenheit an den Tag legen. „Medien neigen dazu, zu viele Dinge zu skandalisieren. Dadurch ist für wahre Skandale der Aufmerksamkeitspegel niedriger, als er sein sollte“, warnte Bruckenberger. Insgesamt stünden die heimischen Qualitätsmedien im Kampf gegen die Desinformation aber besser da als noch vor fünf Jahren. „Es gibt ein gemeinsames Problembewusstsein“, meinte er, wenngleich man harte Bretter zu bohren habe.

Seriöse, aufklärerische Medien profitierten in einer immer komplexeren Welt, sofern sie einen Gegenpol zu Falschinformationen darstellten, meinte Kotynek. Dennoch könne man „immer noch klarer in der Kennzeichnung und der Art, wie wir schreiben, sein“, so der „Standard“-Chefredakteur. „Problem erkannt, aber noch nicht gebannt“, fasste Bülow den Diskussionsabend zusammen.

Das Event ist Teil der Jubiläumsmaßnahmen anlässlich des 75-jährigen Bestehens der APA als unabhängige genossenschaftliche Nachrichtenagentur im Eigentum österreichischer Medien. Weitere Veranstaltungen und Initiativen zum Jubiläumsjahr unter: www.apa.at/75-jahre


Quelle: OTS



  Markiert "tagged" als:
  Kategorien: