München: Anklage wegen mehr als 20 Gruppenschleusungen mit über 400 Menschen
ots/Bundespolizeidirektion München
Gemeinsame Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Traunstein und der Bundespolizeiinspektion Rosenheim
Traunstein / Rosenheim (ots) - Staatsanwaltschaft Traunstein klagt mutmaßlichen Hauptorganisator zahlreicher Gruppenschleusungen von insgesamt über 400 Personen an
Die Spezialabteilung der Staatsanwaltschaft Traunstein zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden und organisierten Kriminalität nach dem "Traunsteiner Modell" hat Anklage gegen einen mutmaßlichen Schleuser erhoben, der als Mitglied einer kriminellen Bande für mehr als 20 Schleusungsfahrten mit insgesamt über 400 Personen verantwortlich sein soll. Festgenommen hatte die Bundespolizei den 33-Jährigen bereits im November 2022. Der Festnahme war eine etwa 40 Kilometer lange Verfolgungsfahrt vom Grenzübergang bei Kiefersfelden bis nach Aschau im Chiemgau vorausgegangen. Dabei hatte sich der aserbaidschanische Staatsangehörige mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit und einer höchst gefährlichen Fahrweise dem polizeilichen Zugriff entziehen wollen. Offenkundig hatte er bei seinem Fluchtversuch ein hohes Risiko für Leib und Leben seiner sechs Mitfahrer in Kauf genommen. Zwei von ihnen waren ungesichert im Kofferraum. Während der Festnahme hatte der Fahrzeugführer einem Beamten in die Hand gebissen. Der Festgenommene widersetzte sich den Maßnahmen der Bundespolizisten auch noch später in der Rosenheimer Dienststelle. Dort drohte er einzelnen Beamten damit, sie zu töten.
Während sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft befand, betrieb die Staatsanwaltschaft Traunstein mit ihrer Spezialabteilung zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden und organisierten Kriminalität nach dem "Traunsteiner Modell" zusammen mit der Bundespolizeiinspektion Rosenheim ein umfangreiches Ermittlungsverfahren zu den Hintergründen und zur kriminellen Struktur der Schleusungen. Die Ermittler verfolgten Spuren, die bis nach Ungarn, Polen, in die Tschechische Republik oder die Slowakei führten. Dabei gelang es, Verbindungen zu anderen Schleusungsfällen offenzulegen, in welchen bereits die Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung in Halle sowie die Bundespolizei-Dienststellen in Dresden und Berggießhübel (Sachsen) ermittelt hatten. Insgesamt stießen die Rosenheimer Ermittler bei ihren Recherchen auf Bezüge zu mehr als 20 Schleusungen. Diese erfolgten über die deutsch-österreichische beziehungsweise die deutsch-tschechische Grenze. Die Kontrollorte lagen jeweils im Bereich der A93, der A8 oder der A17.
Den gewonnenen Erkenntnissen zufolge kommt dem Beschuldigten die Rolle eines Hauptorganisators einer ganzen Schlepperbande zu. Demnach wird ihm nicht nur zur Last gelegt, selbst Migranten illegal in die Bundesrepublik befördert zu haben, sondern deren etappenweises Vorankommen von Ungarn bis nach Deutschland geplant und organisiert zu haben. So soll er unter anderem Zugfahrkarten und Bustickets beschafft, die Geschleusten an Zustiegsbahnhöfe geleitet oder ihre vorübergehende Unterbringung an einzelnen Etappenzielen geregelt haben. Auf der Grundlage der Ermittlungsergebnisse wird davon ausgegangen, dass er für die illegalen Grenzübertritte von insgesamt mehr als 400 Personen zumindest mit verantwortlich ist. Dabei soll er für jede geschleuste Person mindestens 400 Euro kassiert haben. Im Übrigen soll die Schleuserorganisation, in die der Beschuldigte eingebunden war, von jedem einzelnen Migranten für die Durchführung der Schleusung einen Betrag zwischen 6.500 Euro und 8.000 Euro verlangt haben. Insofern besteht der dringende Verdacht, dass die Bande mit ihren kriminellen Machenschaften zusammengerechnet circa 3,2 Millionen Euro ergaunert hat. So erklärt sich auch, weshalb möglichst große Migrantengruppen - zum Teil bestanden diese aus über 30 Personen - befördert werden sollten. Bei den Geschleusten handelte es sich überwiegend um türkische Staatsangehörige, für die in erster Linie Deutschland als Zielland in Frage kam.
In der Anklage wird dem Angeschuldigten von der Staatsanwaltschaft Traunstein insbesondere banden- und gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern in über 20 Fällen, verbotenes Kraftfahrzeugrennen, Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, vorsätzliche Körperverletzung und Bedrohung zur Last gelegt. Außerdem sollen über 160.000 Euro als Wertersatz für die aus den mutmaßlichen Schleusungstaten erlangten Geldbeträge eingezogen werden. Ferner ist vorgesehen, das sichergestellte Fahrzeug des mutmaßlichen Schleusers, einen hochmotorisierten SUV, einzubehalten. Auch soll dem Mann aufgrund des am Tag der Verfolgungsfahrt gezeigten Verhaltens die Fahrerlaubnis entzogen werden.
Die Ermittlungen zu den übrigen Mitgliedern der Schleuserbande und zum Verbleib des gesamten Schleuserlohns laufen weiter. Die Staatsanwaltschaft Traunstein und die Bundespolizeiinspektion Rosenheim betonen, dass gegen kriminelle Schleuserorganisationen auch weiterhin hart und unnachgiebig vorgegangen wird und keine Mühen gescheut werden, um die kriminellen Organisationen zu zerschlagen. Schleuser haben mit harten Strafen zu rechnen.
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