vonOTS
JULI 25, 2022
Neue Geräte und Einsatzgebiete für nachhaltige Anwendungen der Quantenkommunikation erfolgreich im europäischen Projekt UNIQORN demonstriert
Wien (OTS) - In den vergangenen dreieinhalb Jahren wurden im Rahmen des multidisziplinären EU-Projekts UNIQORN neue Geräte und Anwendungen der Quantenkommunikation für den Massenmarkt entwickelt. Ende des Monats läuft nun das Projekt aus. Das Forschungskonsortium konnte darin zeigen, dass quantenoptische Setups auf eine Größe von nur wenigen Zentimetern miniaturisiert werden können. Dadurch eröffnen sich neue Anwendungsszenarien, die zur Lösung zentraler europäischer Herausforderungen wie Datensouveränität und nachhaltige Technologienutzung beitragen können. Die Entwicklungsarbeiten erfolgten im Rahmen der Ramp-up-Phase der europäischen Initiative "Quantum Technologies Flagship".
Quantenkommunikation ist ein wichtiger Eckpfeiler der zweiten Quantenrevolution und eröffnet ein enormes Potential für informationstheoretische Datensicherheit. Um dieses Versprechen einlösen zu können, müssen jedoch leistungsfähige, kompakte und kosteneffiziente Module für die praktische Umsetzung zur Verfügung stehen. Das europäische Horizon 2020 Projekt “UNIQORN – Affordable Quantum Communication for Everyone: Revolutionizing the Quantum Ecosystem from Fabrication to Application” wurde 2018 von der Europäischen Kommission für die Ramp-up-Phase der europäischen Initiative "Quantum Technologies Flagship" ausgewählt. Ziel von UNIQORN war die Verbindung innovativer nutzerorientierter Pionierforschung im Bereich der Quantentechnologie mit der zeitnahen Verwertung von Prototyp-Komponenten und System-on-Chip-Lösungen in einem Wachstumsmarkt mit enormem Potential. Mit dem Abschluss des Projekts endet gleichzeitig auch die Ramp-up-Phase des "Quantum Technologies Flagship".
Im Projekt konnte die Miniaturisierung von optischen Setups erfolgreich demonstriert werden. Ein voll funktionsfähiger Transmitter zur Quantenschlüsselverteilung (QKD) wurde zusammen mit Lasern, Modulatoren und optischen Abschwächern auf einem nur 2x4 mm großen photonischen Chip realisiert. Da diese Technologie eine absolut sichere Datenverschlüsselung garantiert, können in Zukunft kleine und kostengünstige QKD-Komponenten in nahezu alle optischen Kommunikationsgeräte integriert werden.
Quantenkommunikation künftig industriell einsetzbar
Neben der Chip-Integration erforschten die Expert:innen im Rahmen von UNIQORN auch neue Anwendungen sowie die Netzwerkfähigkeit der Quantenschlüsselverteilung. In einem innerstädtischen Glasfasernetz in Bristol (UK) wurden verschiedene QKD-Links aufgebaut, um die künftige Verschlüsselung von 5G-Stationen zu testen. Dieses Netzwerk verfügte über einen neuartigen Controller, der die Leistung der QKD-Links überwachte und die Verbindungen zwischen den Stationen aktiv umschalten konnte, um so unterbrochene Links zu umgehen bzw. zu kompensieren und damit die Resilienz des gesamten QKD-Netzwerks zu erhöhen. Das Projekt konnte darüber hinaus unter Beweis stellen, dass QKD-Dienste über flexible Glasfasernetze für Haushalte auch der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden könnten.
Die im Rahmen von UNIQORN erzielten Meilensteine sind ein wichtiger Schritt, um die Vision eines Quanteninternets für Europa zu verwirklichen. Verschränkte Photonenquellen, die zur Verbindung von weit voneinander entfernten Quantencomputern und Quantenrepeatern von zentraler Bedeutung sind, wurden auf kleinen Polymer-Plattformen realisiert und für die Massenproduktion ausgelegt. Da das Quanteninternet neben QKD auch andere neue Anwendungen ermöglichen soll, wurden darüber hinaus quantengesicherte Methoden für Einmal-Tokens entwickelt, die bei Finanztransaktionen ebenso zum Einsatz kommen können wie im Onlinehandel.
Hannes Hübel, Koordinator des Projekts UNIQORN und Leiter der Forschungsgruppe Quantum Technologies am AIT Austrian Institute of Technology ist stolz auf die im Projekt erzielten Ergebnisse. “Dank der Fortschritte im Bereich der photonischen Integration können Systeme zur absolut sicheren Quantenkommunikation einfach in bestehende Kommunikationsgeräte wie etwa Modems integriert werden und bringen damit die Quantentechnologie in jedes Wohnzimmer", so der Experte. “Das Projekt UNIQORN endet zwar jetzt, wird aber trotzdem weiterleben – denn die meisten Partner werden ihre Forschungen in der nächsten Phase des 'Quantum Technologies Flagship' weiterführen und auch an der Schaffung eines europäischen Quantennetzwerks im Rahmen der EuroQCI Initiative mitwirken.”
Abhörsichere Kommunikation für österreichische Behörden
Die ersten Schritte in Richtung eines einsatztauglichen Quantennetzwerkes werden bereits jetzt in Wien unternommen. Im Rahmen des Projektes „QKD4GOV“, das im KIRAS Sicherheitsforschungsförderprogramm des BMLRT und der FFG finanziert wird, werden Ministerien und Behörden in Wien mit QKD-Links verbunden und die Technologie unter alltagstauglichen Bedingungen getestet. Die ersten strategischen Standorte verschiedener Behörden sind bereits an das QKD-Netz angebunden. Der Vollausbau zusammen mit den ersten Demonstrationen von QKD gesicherter Kommunikation zwischen Sicherheitsbehörden ist für den Herbst geplant. Weitere Informationen
Über UNIQORN
Das UNIQORN Konsortium umfasste 17 Partner aus 9 europäischen Ländern. Das AIT Austrian Institute of Technology war für die Projektkoordination und das Institute of Computer and Communication Systems Athens für die technische Leitung verantwortlich. Weitere Partner waren Forschungsinstitutionen (Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut/HHI, Interuniversity Microelectronics Centre/imec) mit langjähriger Erfahrung in der Überführung von Grundlagenforschung in die Anwendung sowie Quantenforscher:innen mit theoretischem und experimentellem Know-how (Universität Wien, Universität Paderborn, Universität Innsbruck, Technical University of Denmark). Darüber hinaus konnte das Projekt auch auf Expert:innen in den Bereichen Photonik und Elektronik, Integration und Packaging zurückgreifen (Eindhoven University of Technology, Micro-Photon-Devices, Politecnico Milano, SMART Photonics, VPI Photonics, Cordon Electronics). Die Perspektive der industriellen Endnutzer:innen wurde durch den Systemanbieter Mellanox und den Mobilfunkbetreiber Cosmote eingebracht. Die Evaluierung im Feld erfolgte in der Smart-City Testumgebung der Universität Bristol.
Über die europäische Initiative "Quantum Technologies Flagship" (QT Flagship)
Das europäische QT Flagship wurde 2018 als eine der größten und ehrgeizigsten Forschungsinitiativen der Europäischen Union ins Leben gerufen. Mit einem Budget von 1 Milliarde Euro über 10 Jahre vereint das Flagship Forschungseinrichtungen, Hochschulen, Industrie, Unternehmen und politische Entscheidungsträger in einer gemeinschaftlichen Initiative mit beispiellosem Ausmaß. Das Hauptziel des QT Flagships ist es, die wissenschaftliche Führungsrolle Europas in diesem Forschungsbereich zu festigen und auszubauen, sowie die Erkenntnisse der Quantenforschung in kommerzielle Anwendungen und innovative Technologien umzusetzen und so vom Labor auf den Markt zu bringen. Mit über 5000 Forscher:innen aus Wissenschaft und Wirtschaft soll das Programm einen Grundstein für eine wettbewerbsfähige europäische Industrie auf dem Gebiet der Quantentechnologie legen und Europa als dynamischen und attraktiven Standort für innovative Forschung, Wirtschaft und Investitionen in diesem Bereich positionieren. https://qt.eu/about/
Über die EuroQCI Initiative
Das Ziel der Initiative EuroQCI (European Quantum Communication Infrastructure) ist der Aufbau einer sicheren Quantenkommunikationsinfrastruktur für das gesamte Territorium der Europäischen Union. Ab Juni 2019 haben alle 27 EU-Mitgliedsländer die European Quantum Communication Infrastructure (EuroQCI) Erklärung unterzeichnet und bekennen sich damit zur EuroQCI Initiative und ihrem Ziel der Datensouveränität für Europa. Die teilnehmenden Länder arbeiten zusammen mit der Europäischen Kommission und der Europäischen Weltraumagentur (ESA) an der Entwicklung und Umsetzung der EuroQCI, die bis 2027 voll einsatzbereit sein soll.
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Quelle: OTS