Göppingen: Jährliche Mitteilung des Kompetenz-Zentrums Bootskriminalität 2021

vonPresseportal.de
JUNI 29, 2022

ots/Polizeipräsidium Einsatz

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Göppingen (ots) - Auch das Coronajahr 2021 hinterlässt positive Spuren bei der Bootskriminalität -gleichbleibende Diebstahlszahlen von Außenbordmotoren und Sportbooten in Deutschland, aber starke Zunahme von Diebstählen für 2022 prognostiziert - Kompetenz-Zentrum Bootskriminalität identifiziert gestohlene Außenbordmotoren bei FRONTEX-Auslandseinsätzen in Rumänien

Das Kompetenz-Zentrum Bootskriminalität Baden-Württemberg (KBK) bei der Wasserschutzpolizeistation Konstanz, das dem Polizeipräsidium Einsatz Göppingen angegliedert ist, nahm vor 21 Jahren seine Arbeit auf und koordiniert in Deutschland die Fahndungsmaßnahmen nach gestohlenen Sportbooten, Außenbordmotoren und Sportboottrailern. Die Arbeit der drei Fahnder ist europaweit ausgerichtet und insbesondere mit der Europäischen Grenzschutzagentur FRONTEX und EUROPOL sehr eng verknüpft. Im Auftrag von Frontex waren zwei der Spezialfahnder im vergangenen Jahr in Rumänien, um dort insbesondere gestohlene Außenbordmotoren aufzuspüren und ihren rumänischen Kollegen ein Basiswissen zu vermitteln. Insgesamt fünf in verschiedenen europäischen Ländern gestohlene Außenbordmotoren im Wert von über 60.000 EUR konnten die Beamten dort direkt identifizieren und sicherstellen. In weiteren 45 Fällen wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet, die das KBK noch immer beratend begleiten.

Bedingt durch die auch 2021 noch vorhandenen Corona Reisebeschränkungen und einen erhöhten Kontrolldruck seitens der Netzwerkpartner des KBK blieben die Diebstahlszahlen in Deutschland auf nahezu gleich niedrigem Stand wie 2020. Insgesamt wurden in Deutschland 144 (149) Sportboote und 540 (541) Außenbordmotoren entwendet. Die Gesamtschadenshöhe liegt bei ca. 4,9 Millionen EUR. Am meisten Boote wurden in Nordrhein-Westfalen (26) gestohlen (Baden-Württemberg 12). Bei den Motoren liegt Brandenburg seit vielen Jahren an erster Stelle, in diesem Jahr mit 102 Motoren (Baden-Württemberg gesamt 49).

Für die Fahnder überhaupt kein Grund zur Entwarnung. Im Gegenteil, für 2022 erwartet das KBK einen "Boom", denn die Nachfrage, insbesondere nach Außenbordmotoren ist so hoch wie selten zuvor. Außerdem sind Ersatzteile und Neumotoren durch die derzeit in allen Bereichen verknappte Marktsituation kaum oder nur mit langen Wartezeiten verfügbar. Die Polizei bittet die Bevölkerung deshalb um erhöhte Wachsamkeit in den Häfen, sowie insbesondere auch im Bereich von Trockenliegeplätzen. Auch im öffentlichen Verkehrsraum, aber auch sichtbar auf Privatgrundstücken abgestellte Wasserfahrzeuge mit Außenbordmotoren sind potentielle Beuteobjekte. Die Tätergruppen arbeiten nicht nach dem Zufallsprinzip, sondern suchen sich ihren "Arbeitsplatz" gezielt aus und kundschaften diesen vor der Tat regelmäßig aus. Stellen Sie fest, dass sich unberechtigte Personen an den genannten Örtlichkeiten aufhalten und Fotos machen, sollten Sie sofort die Polizei verständigen. Hinweise über mitgeführte Fahrzeuge, Personenbeschreibungen sind für die Fahnder hier immer sehr hilfreich.

Bislang ist 2021 nur eine leichte Steigerung der Diebstähle feststellbar, was nach Einschätzung der Fahnder an verschiedenen Aufgriffen in Deutschland und einer Verdrängung der Täter in andere Länder liegt. Im Bereich Konstanz wurden unlängst von einem Motorboot gezielt der sogenannte Z-Antrieb fachmännisch abmontiert und in Gottmadingen wurde in der Nacht vom 09./10.06.2022 ein auffälliges Schlauchboot samt Trailer gestohlen. In Ludwigshafen wurde Mitte Mai ebenfalls ein auf einem Privatgelände abgestelltes Motorboot entwendet, das dann aber wieder in Tatortnähe -allerdings ohne den neuwertigen Außenborder- aufgefunden werden konnte.

Die Stuttgarter Polizei konnte kurz vor Weihnachten einen 35-jährigen, amtsbekannten bulgarischen Staatsangehörigen mit zwei gestohlenen Außenbordmotoren festgenehmen, der hier am Bodensee in den Jahren 2016 - 2018 ebenfalls in großem Stil mit zwei "Mittätern" (Mutter und Bruder) bandenmäßig Außenbordmotoren gestohlen hatte. Die organisierte Bande wurde seinerzeit kurz vor der Ausreise nach Tschechien durch koordinierte Maßnahmen des KBK und den Schweizer Behörden mit gestohlenen Motoren aus der Schweiz festgenommen. Nach der Auslieferung in die Schweiz wurden die Mutter und ihr Sohn dort zu zwei bzw. eineinhalb Jahren Haft verurteilt. Im Mai 2022 wurde der erneut festgenommene Sohn vom Amtsgericht Stuttgart erneut zu einer eineinhalb jährigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt.

Zwei vom Ermittlungsdienst der WSP Konstanz in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg ermittelte rumänische Staatsangehörige, die kurz vor Weihnachten 2019 in Allensbach vier Außenbordmotoren gestohlen hatten, stellten sich der deutschen Justiz. Nicht ganz ohne Grund, denn einen ihrer Mittäter konnten die Fahnder in Rumänien aufspüren. Er wurde in seinem Heimatland festgenommen und mit Europäischem Haftbefehl nach Konstanz ausgeliefert. Von Fahndungskräften des Polizeipräsidiums Einsatz wurde der Beschuldigte in Bukarest "persönlich abgeholt". Die Botschaft der Fahnder an die Täter ist unmissverständlich: "Kommt ihr zu uns, kommen wir auch zu euch." Das Amtsgericht Konstanz jedenfalls verurteilte diesen Beschuldigten ebenfalls zu einer eineinhalb jährigen Jahren Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Seine Mittäter, die sich nun reuig zeigten, wurden zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Die Diebstahlszahlen am Bodensee, in Baden-Württemberg, Deutschland und in den angrenzenden Kantonen der Schweiz waren noch nie so niedrig, wie 2021. Am deutschen Bodenseeufer wurden lediglich 25 Außenbordmotoren und keine Boote gestohlen. Ähnlich sieht es in der Schweiz aus, wo insgesamt nur fünf Außenborder in den an den Bodensee angrenzenden Kantonen gestohlen wurden. Aus Vorarlberg und Bayern wurden gar keine Diebstähle gemeldet. Aufgrund der geschilderten Umstände gehen die Fahnder aber nur von einer kurzfristigen Verdrängung der Täter aus und versuchen durch gezielte Maßnahmen bereits im Vorfeld Diebstähle zu verhindern.

Anfang Juni trafen sich Fahnder aus 18 Nationen, einschließlich Montenegro und Albanien, auf Einladung von FRONTEX in Hamburg zu einem Workshop unter Leitung des KBK und den Bootsspezialisten aus den Niederlanden, um die aktuelle Situation zu analysieren und Gegenmaßnahmen miteinander abzustimmen. Wie wichtig diese internationale Vernetzung ist, zeigt sich auch an einem Aufgriff kurz nach dem Workshop, als eine hochwertige Motoryacht im Wert von 255.000 EUR unter Umgehung des Wirtschaftsembargos gegen Russland aus der EU über einen Drittstaat unter Flagge eines Karibikstaates in den Nahen Osten verschifft werden sollte. Mit dem FRONTEX Beamten vor Ort konnten die KBK Fahnder den Fall schnell klären, worauf die Motoryacht vom Zoll beschlagnahmt werden konnte.

Auch außerhalb der EU waren die Fahnder erfolgreich. So konnten die Konstanzer ihren Kollegen aus Österreich in einem Fall erfolgreich zuarbeiten, als auf den Cap Verden eine unter österreichischer Flagge fahrende Charter-Segelyacht im Wert von ca. 200.000 unterschlagen wurde. Durch Abklärungen mit ebenfalls international tätigen Sachverständigen aus Hamburg konnte schließlich der Senegal als Zielort der Yacht ausgemacht werden, wo das Schiff schließlich auf Veranlassung der österreichischen Polizei durch die senegalesische Küstenwache aufgebracht und die Besatzung festgenommen werden konnte.

Im Jahr 2021 gingen nur halb so viele Anfragen von Kontrollen beim KBK ein, wie "in normalen" Zeiten, was sich natürlich auf die Sicherstellungswerte niederschlug. Zeitweise Grenzschließungen und scharfe Grenzkontrollen wirkten sich auch auf die Reisetätigkeit der nahezu ausschließlich international agierenden Tätergruppen aus.

Dennoch gelang es in Zusammenarbeit mit Polizeidienststellen in Deutschland und acht europäischen Ländern, insgesamt 14 Sportboote, 8 Jetskis (Wassermotorräder), 62 Außenbordmotoren und drei Bootstrailer im Gesamtwert von knapp einer Million Euro sicherzustellen.

Damit summieren sich die Vermögenswerte, an deren Sicherstellung die Fahndungseinheit in den 21 Jahren ihres Bestehens maßgeblich beteiligt war, auf über 45 Mio. Euro. Hinzu kamen sog. Beifänge, wie z.B. Pkw, Motorräder, eBikes, Fahrräder, Baumaschinen, Notebooks, Mobiltelefone, Solarpaneele und vieles mehr im Gesamtwert von über 1,6 Mio. Euro. Nebenbei unterstützte das KBK bislang inländische Polizeidienststellen bei Vermögenabschöpfungen in einer Gesamtsumme von noch einmal 1,2 Mio. Euro.

Als besonders vorteilhaft erweist sich hierbei das über viele Jahre gewachsene Netzwerk, über das sich Fahndungsaufrufe schnell und direkt an die "Nahtstellen" im europäischen Raum verbreiten lassen und gezielte Kontrollen in Echtzeit ermöglichen. Die Konstanzer Fahnder beraten mittlerweile europaweit Polizeidienststellen unter Vermittlung von EUROPOL und unterstützen diese mit ihrem Spezialwissen. So konnten durch aufwändige Auswertungen der Konstanzer Fahnder eine große Anzahl von europaweit begangenen Außenbordmotorendiebstählen zusammengeführt und einer internationalen Tätergruppe zugeordnet werden. Vorausgegangen waren monatelange, akribische Ermittlungen französischer Fahnder mit Festnahmen und Durchsuchungen in den Herkunftsländern der Täter. Fünf Beschuldigte sitzen in Frankreich in Haft und warten auf ihre Verurteilung.

Seit einigen Jahren sind die Konstanzer Fahnder auch stark in Ermittlungen im Zusammenhang mit Menschenschmuggel eingebunden. Bei Bootsschleusungen über den Ärmelkanal arbeitet das KBK direkt dem BKA zu und berät auch hier in Detailfragen zu den verwendeten Schlauchbooten und deren Motorisierung. Um allen Aufgaben für die Zukunft gewachsen zu sein, arbeitet man mit Hochdruck an einer Erweiterung des Fahnderteams.

Prävention

Ausdrücklich warnen die Fahnder vor "faulen" Verkaufsangeboten im Internet, insbesondere im Zusammenhang mit Außenbordmotoren. Gestohlene Außenbordmotoren sind z.T. mit professionell gefälschten Seriennummern versehen. Aber auch gestohlene Sportboote werden im Netz mit auf den ersten Blick plausiblen Historien angeboten.

Vorsicht ist immer geboten, wenn Dokumente fehlen und die Vorgeschichte unklar ist. Um die Bürger davor zu schützen, Diebesgut zu kaufen und sich dabei womöglich selbst strafbar zu machen, bieten die Ermittler des KBK an, das Wunschobjekt vor dem Kauf überprüfen zu lassen. Dieses Angebot gilt auch ausdrücklich für Bürger aus der Schweiz und Österreich. Anfragen können telefonisch (+49 7531 5902-300) an das Kompetenz-Zentrum Bootskriminalität gerichtet werden. Unter folgendem Link der Polizei Baden-Württemberg kann ein Flyer mit der Darstellung von Risiken und Hinweisen zum Kauf eines gebrauchten Sportbootes heruntergeladen werden: https://praevention.polizei-bw.de/wp-content/uploads/sites/20/2016/10/faltblatt_bootskauf.pdf

Die Polizei weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass nach deutschem Recht an gestohlenen Gegenständen kein Eigentum erworben werden kann, selbst wenn der Gegenstand bei einem Händler gekauft wurde!

Aber auch Betrüger sind mit einer seit Jahren funktionierenden Masche immer wieder erfolgreich; sie ködern Interessenten durch extrem günstige Preisangebote. Angeblich befindet sich das Kaufobjekt im Ausland, soll jedoch nach einer Vorauszahlung für den Transport vor die Haustür des Interessenten zur Besichtigung geliefert werden. Es wird versprochen, dass bei Nichtgefallen ohne Risiko und unter Rückerstattung der Transportkosten vom Kaufvertrag zurückgetreten werden kann. Geht der Kaufinteressent auf die Forderung ein, ist er sein Geld los - das für ihn vermeintlich gute Geschäft findet jedoch nie statt.

Die Transportmasche funktioniert aber auch in die andere Richtung: Ein Kaufinteressent meldet sich bei einem seriösen Anbieter und macht die Vorauszahlung für den Transport zur Bedingung für den Abschluss des Geschäfts.

Die Kreativität der Betrüger ist schier unerschöpflich. Sie verweisen auf Links von scheinbar existierenden oder auch seriösen Spediteuren oder Bootshändlern aus dem Ausland, bei denen das Boot angeblich zu besichtigen ist. Sie verwenden gescannte, evtl. verfälschte Pässe und Bootsurkunden. Falsche oder betrügerisch erlangte echte Kontodaten verstärken das Gefühl, dass der Verkauf stattfinden wird und das Gegenüber seriös ist.

Manchmal geht es den Betrügern auch nur darum, an Ihre Daten zu kommen.

Wichtige Hinweise der Polizei:

- Gehen Sie mit persönlichen Daten bei Internetangeboten äußerst sparsam um. - Übermitteln Sie nie gescannte persönliche Dokumente wie Reisepass, Bootsurkunden usw. Sie können sicher sein, dass Ihre Dokumente bei den nächsten Aktionen der Betrüger in irgendeiner Form verwendet werden, um andere damit zu täuschen! - Übermitteln Sie NIEMALS Ihre Bankdaten! - Fragen Sie das KBK, wenn Sie beim Boots-/Motorenkauf /-verkauf unsicher sind. Häufig sind die von den Betrügern verwendeten Kontaktdaten bereits bekannt. - Werden Sie selbst zum Fahnder und nutzen Sie unsere Plakataktion mit den Abbildungen gesuchter Boote. Sie finden das Plakat (derzeit noch Ausgabe 2019) auf der Internetseite der Polizei Baden-Württemberg.

https://praevention.polizei-bw.de/wp-content/uploads/sites/20/2016/10/plakat_gestohlene_boote.pdf


Quelle: Original-Content von: Polizeipräsidium Einsatz, übermittelt durch news aktuell

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