vonOTS
MÄRZ 09, 2023
Die außergerichtliche Streitschlichtung bewährt sich immer mehr als sinnvolles Instrument bei der Beilegung von Streitigkeiten rund um Online-Shopping, insbesondere bei Fällen mit niedrigem Streitwert. Exakt 3.164 Schlichtungsfälle wurden 2022 vom Team der Internet Ombudsstelle bearbeitet – um 10 Prozent mehr als im Vorjahr. Top-Themen sind Streitigkeiten rund um das gesetzliche Widerrufsrecht, ausbleibende Lieferungen und Gewährleistungsfragen. Insgesamt 8.738 Anfragen bearbeitete die Internet Ombudsstelle im Jahr 2022.
Die staatlich anerkannte Verbraucherschlichtung Internet Omsstelle steht Konsumentinnen und Konsumenten seit mehr als 20 Jahren bei rechtlichen Problemen im digitalen Bereich zur Seite. Fragen und Beschwerden können kostenlos und unbürokratisch direkt auf www.ombudsstelle.at eingebracht werden. Die Bedeutung der Schlichtungsstelle zeigt sich in der hohen Anzahl der 8.738 Eingaben, die 2022 von dem Expert:innen-Team bearbeitet wurden. In mehr als 3.000 Fällen, exakt 3.164, wurde eine außergerichtliche Streitschlichtung zwischen Konsument:innen und Unternehmen durchgeführt. In 4.617 Fällen beriet die Internet Ombudsstelle Verbraucherinnen und Verbraucher zu konkreten Problemen oder Rechtsfragen rund um die Themen Online-Shopping sowie die Nutzung digitaler Medien.
Johannes Rauch, Konsumentenschutzminister: „Der Online-Einkauf, die Nutzung von Streaming-Angeboten oder der Erwerb von Dienstleistungen im Internet gehören für die meisten Österreicher:innen bereits zum Alltag. Dies bringt viele neue Herausforderungen für den Konsumentenschutz mit sich. Vom Fake-Shop bis zur Abo-Falle muss dabei vieles bedacht werden. Die Internet Ombudsstelle und die Watchlist Internet leisten dabei in Österreich einen immer wichtiger werdenden Beitrag für den digitalen Konsumentenschutz. Deswegen wird ihre Arbeit vom BMSGPK gefördert.“
Bei den insgesamt 3.164 bearbeiteten Schlichtungsfällen standen typische E-Commerce-Probleme im Vordergrund: Streitigkeiten um das gesetzliche Widerrufsrecht, ausbleibende Lieferungen und Gewährleistungsfragen waren die drei wichtigsten Themen, gefolgt von Problemen mit der Kündigung von Verträgen. Aber auch Beschwerden über unwissentlich abgeschlossene Abo-Verträge oder unerwünschte Veröffentlichungen von Fotos von Personen waren 2022 Gegenstand von Schlichtungsverfahren. Auch bei Problemen in den sozialen Medien konnte die Internet Ombudsstelle oft weiterhelfen.
Längst haben die Beschwerdegründe 2022 nicht mehr nur mit dem klassischen Warenkauf zu tun: Dieser macht zwar noch die Mehrheit der Beschwerden aus (50 %), Dienstleistungen wie z.B. Reisebuchungen, Kurse und Dating-Plattformen (33 %) sowie digitale Leistungen wie z.B. Social-Media-Plattformen, Streaming-Dienste und Hosting (17 %) holen hingegen auf.
In 78 Prozent der Schlichtungsfälle mit österreichischen Unternehmen haben sich diese auch am Schlichtungsverfahren beteiligt. Dabei erzielte die Internet Ombudsstelle in 65 Prozent der Fälle eine Einigung zwischen Konsument:innen und Unternehmen. Die durchschnittliche Dauer der Verfahren lag bei 23 Tagen und konnte gegenüber dem Vorjahr um drei Tage beschleunigt werden
Zwei Trends führen immer häufiger zu Problemen beim Online-Shopping: die Zunahme an unterschiedlichen Abo-Modellen sowie die Zersplitterung der Rollen bei den Anbietern.
Nicht nur digitale Produkte, sondern auch physische Waren werden zunehmend in einem Abo-Modell angeboten. Dabei werden beispielsweise für wöchentliche Lieferungen von Essensboxen oder für die Mitgliedschaft bei vergünstigtem Mode-Shopping regelmäßige Zahlungen fällig. Meist werden Interessierte mit einem kostenlosen Probeabo gelockt, das dann mit oder ohne deutliche Vorwarnung in ein kostenpflichtiges Abo übergeht, was meist mit automatischen Abbuchungen verbunden ist. Die Betroffenen können das ungewollte Abonnement dann oft nur mühsam beenden.
Das zweite Phänomen, die Zersplitterung der Rollen, zeigt sich beispielsweise bei Reisedienstleistungen. Flüge oder Hotels werden meist über Buchungsplattformen gebucht, über die oft auch die Zahlung selbst abgewickelt wird. Manchmal ist bei der Zahlung auch ein externer Zahlungsdienstleister involviert. Sollte es in dem Vorgang zu einem Problem kommen, werden Betroffenen häufig zwischen verschiedenen Ansprechpartnern herumgereicht, die sich für das Problem nicht verantwortlich sehen oder auf andere involvierte Akteure verweisen. Aber auch bei Warenlieferungen kann es passieren, dass sich Postdienstleister und Händler die Verantwortung gegenseitig zuschieben oder ein Zahlungsdienstleister eine Zahlung fordert, obwohl eine berechtigte Reklamation gegenüber dem Händler vorliegt.
„Die Plattformökonomie hat viele neue Geschäftsmodelle eröffnet, die für Konsumentinnen und Konsumenten auch Schattenseiten bergen. Vielfach werden Vermittler als eigentliche Vertragspartner wahrgenommen und Vertragsmodelle werden zunehmend schwerer durchschaubar“, sagt Karl Gladt, Leiter der Internet Ombudsstelle
Ergänzend zur Streitschichtung unterstützt die Internet Ombudsstelle Hilfesuchende in konkreten Problemfällen, bei denen eine Streitschlichtung nicht sinnvoll ist, und beantwortet allgemeine rechtlichen Fragen zu digitalen Medien. Insgesamt 4.617 Konsumentinnen und Konsumenten erhielten 2022 von der Internet Ombudsstelle eine kostenlose Beratung. Zusätzlich wird die umfassende Sammlung von mittlerweile 216 häufig gestellten Fragen und Antworten auf der Website der Internet Ombudsstelle immer intensiver für eine Sofort-Hilfe genutzt. Die Bedeutung dieses Angebotes spiegelt sich auch im Wachstum der Website-Zugriffe um zwei Drittel (66 %) auf mehr als 420.000 Besuche im Vergleich zum Vorjahr wider.
Die Themen der kostenlosen Online-Beratung reichen von rechtlichen Regelungen bei Privatverkäufen über das Recht am eigenen Bild bis hin zu verschiedenen Formen von Internetbetrug, wie Fake-Shops, Abo-Fallen und verschiedene Formen von Vorschussbetrug.
Betrug im Netz macht insgesamt 40 Prozent der Beratungsfälle aus. In Zeiten hoher Inflation spielt das Thema Anlagebetrug eine große Rolle, was oftmals mit hohen Schadenssummen verbunden ist, die in Extremfällen eine Höhe von mehreren Hunderttausend Euro erreichen können. Aber auch Phishing (das Herauslocken von persönlichen Daten wie Zahlungsmittel- oder Zugangsdaten), das vermehrt via SMS stattfindet (Smishing), hatte wiederholt schwere finanzielle Schäden zur Folge. Im Vorjahr versuchten besonders viele Fake-Shops aus der Energiekrise Kapital zu schlagen und nutzten die Unkenntnis der VerbraucherInnen zum Thema Photovoltaik-Anlagen, Zubehör und Brennholz aus.
Die Internet Ombudsstelle hilft Betroffenen beim Erkennen von Fallen im Internet, unterstützt – wenn überhaupt möglich – bei der Kompensation bzw. der Eingrenzung von Schäden und gibt Tipps, wie derartige Betrugsfallen in Zukunft vermieden werden können.
Da die Instrumente der Schlichtung und Beratung bei Betrug zumeist nicht mehr helfen können, kommt der Prävention eine entscheidende Rolle zu. Die Watchlist Internet (www.watchlist-internet.at) ergänzt das Angebot der Internet Ombudsstelle und informiert Konsument:innen zu aktuellen Betrugsmaschen im Internet. Die Nachfrage steigt stark an, sodass 2022 auf der größten deutschsprachigen Präventionsplattform 3,1 Mio. Besuche verzeichnet werden konnten. Insgesamt wurden für die 197 redaktionell aufbereiteten Warnmeldungen sowie 6.239 neuen Fake-Shop-Warnungen 11.603 eingegangene Meldungen von Konsument:innen analysiert. Auch der Fake-Shop-Detector, ein Browser-Plug-in, hilft mittels Künstlicher Intelligenz beim Erkennen betrügerischer Online-Shops und kann auf www.fakeshop.at kostenlos heruntergeladen werden.
Weiterführende Links:
Über Internet Ombudsstelle
Die Internet Ombudsstelle wurde vom ACR-Institut Österreichisches Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) entwickelt und wird vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie von der Bundesarbeitskammer gefördert. Die außergerichtliche Streitschlichtung und die Beratung durch die Internet Ombudsstelle ist für alle beteiligten Parteien kostenlos. Die Eingabe von Beschwerden und Fragen erfolgt unter www.ombudsstelle.at. Wenn die Beschwerde ein österreichisches Unternehmen betrifft, erbringt die Internet Ombudsstelle seine Schlichtungstätigkeit als staatlich anerkannte Verbraucherschlichtungsstelle nach dem Alternative-Streitbeilegung-Gesetz.
Über Watchlist Internet
Die Watchlist Internet (www.watchlist-internet.at) ist eine unabhängige Informationsplattform zum Thema Internetbetrug, entwickelt und betrieben vom ÖIAT. Sie informiert, in enger Zusammenarbeit mit der Internet Ombudsstelle, Privatpersonen und Unternehmen zu aktuellen Betrugsfällen im Internet und gibt Tipps, um sich vor Internetbetrug zu schützen. Die Entwicklung der Watchlist Internet wurde von der Förderaktion „netidee“ der Internet Foundation Austria gefördert. Der laufende Betrieb wird von dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Bundesministerium für Inneres – Bundeskriminalamt, Bundesministerium für Finanzen - Staatssekretariat für Digitalisierung, der Bundesarbeiteskammer, den Wirtschaftskammern Österreichs, der willhaben internet service GmbH & Co KG, EXPERT Österreich e.Gen. sowie der Erste Bank Sparkasse unterstützt.
Quelle: OTS