Österreich: 100 Jahre Mittersiller Amtshandlung - erste wissenschaftliche Publikation über die Geburtsstunde der Großglockner Hochalpenstraße!

vonOTS
DEZEMBER 19, 2022

Foto: grossglockner.at

Foto: grossglockner.at

Von 30. August bis 4. September 1922 trafen sich im Gemeindeamt Mittersill ambitionierte Herren aus Kärnten, Salzburg, Tirol und Wien, die gemeinsam einen Plan verfolgten: Sie wollten prüfen, ob es technisch möglich wäre, eine befahrbare Straßenverbindung von Fusch nach Heiligenblut und von Mittersill über den Felbertauern nach Windisch-Matrei zu errichten. Ein für die damalige Situation vor allem in technischer Hinsicht ein gewagtes Unterfangen! Nach intensiven Diskussionen und Begehungen vor Ort kam die Expertenrunde zu dem Schluss: Ja, es ist möglich!

Damit war der ideelle und planerische Grundstein für die Großglockner Hochalpenstraße gelegt. Und die Zusammenkunft ging unter dem Namen ´Mittersiller Amtshandlung´ in die Annalen ein. Gestern, also 100 Jahre später, wurde nun im Nationalparkzentrum Mittersill die Publikation ´Mittersiller Amtshandlung – 100 Jahre Geburtsstunde der Großglockner Hochalpenstraße´ präsentiert, die die Geschehnisse dieser so wichtigen Tage erstmals wissenschaftlich aufarbeitet und rekonstruiert.

Im Rahmen einer feierlichen Präsentation wurde gestern die Publikation, die in der Schriftenreihe des Landesarchivs (Land Salzburg) erscheint, im NP-Zentrum Mittersill Gästen aus Politik, Tourismus und natürlich auch der Bevölkerung, die zu diesem feierlichen Anlass eingeladen war, vorgestellt.

Die Historikerin Frau Mag.a Jutta Baumgartner vom Archiv der Erzdiözese Salzburg (AES) und Lehrbeauftragte der Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS) hat im Rahmen einer Publikation im Auftrag der Großglockner Hochalpenstraßen AG (GROHAG) erstmals wissenschaftlich erforscht und rekonstruiert, wie die Amtshandlung in Mittersill - die sich ja über einen Zeitraum von fünf Tagen erstreckte und die Diskussion mehrerer Varianten und entsprechender Begehungen im Gelände beinhaltete - abgelaufen ist und welche Wege der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung dabei stattgefunden haben. Aufgearbeitet wird im Buch auch, wie es in den darauffolgenden Monaten zu den Beschlussfassungen für den Bau und die Finanzierung der heutigen Großglockner Hochalpenstraße, die ja schlussendlich im Zeitraum von 1930 - 1935 errichtet wurde, in den Landtagen und im Nationalrat gekommen ist.

Eine interessante Neuigkeit ist beispielsweise, dass bereits 1923 alle Österreichischen Fremdenverkehrsverbände (= die Hauptstelle der Landesverbände für Fremdenverkehr in Österreich als Vorgängerorganisation der heutigen Österreich Werbung) einhellig (!) und mit besonderer Vehemenz die vordringliche Umsetzung der Variante ´Automobil-Hochgebirgsstraße Ferleiten-Fuscher Törl-Heiligenbluter Tauern-Glocknerhaus´ gefordert haben. Die Politik bzw. „das Bundesministerium für Verkehr möge dieser Variante vollste Aufmerksamkeit zuwenden und ungesäumt alle Schritte einleiten wollen, welche zur ehesten Verwirklichung des Projektes führen können.“

„Die Großglockner Hochalpenstraße als eines der bekanntesten Denkmäler der Republik wurde vor 100 Jahren minutiös vorbereitet und mit den Ländern der Hohen Tauern [Kärnten, Salzburg und Tirol] sowie mit den zuständigen Ministerien abgestimmt. Sie wurde auch als absolutes Leuchtturm-Projekt von Seiten des österreichischen Fremdenverkehrs umfassend getragen und von Salzburg unter Landeshauptmann Rehrl mit Weitsicht vorangetrieben. In der Publikation, die wir von Seiten des Landesarchives unterstützt haben, wird erstmalig auch die Bedeutung der Mittersiller Amtshandlung aus dem Jahr 1922 als ‚Geburtsstunde der bedeutenden Großglockner Hochalpenstraße‘ wissenschaftlich beleuchtet“, so die Präsidentin des Salzburger Landtages, Dr.in Brigitta Pallauf in ihren Grußworten anlässlich der Präsentation und anschließenden Übergabe der Publikation an die Bevölkerung.

Johannes Hörl, Vorstand der GROHAG betont: „Wir freuen uns sehr, dass wir mit Mag.a Jutta Baumgartner eine renommierte Wissenschaftlerin gewinnen konnten, die erstmals einen ausführlichen Blick auf diese so entscheidenden Tage für die Entstehung der Glocknerstraße und die damit zusammenhängenden Protokolle, Schriftverkehre und Aussagen von maßgeblichen Politkern und Experten aus dieser Zeit geworfen hat.“

Mag.a Jutta Baumgartner, Autorin, Historikerin am Archiv der Erzdiözese und Lehrbeauftragte an der PLUS unterstreicht: „Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Mittersiller Amtshandlung und all den Vorgängen, die diese Tage vor Ort mit der Begehung und den daraus erwachsenen Erschließungs- bzw. Baumöglichkeiten in weiterer Folge ausgelöst haben, war für mich ein sehr spannendes Projekt. Nachzuvollziehen, wie Entscheidungen begründet und schließlich zustande gekommen sind, auch zu erfahren, welche Personen und Stellen daran beteiligt waren - und natürlich zu sehen, was aus diesen Beschlüssen letztendlich entstanden ist - nämlich Österreichs schönste Panoramastraße – ist ein gutes Gefühl.“

Mag. (FH) Roland Rauch, Geschäftsführer Ferienregion Nationalpark Hohe Tauern GmbH ergänzt: „Die Großglockner Hochalpenstraße ist eine touristische Institution, die einen wertvollen Beitrag dazu leistet, die Menschen unserer wundervollen Natur ein Stück näher zu bringen und die Sensibilität dafür zu schärfen. Denn nur wer mit eigenen Augen gesehen hat, was es zu schützen gilt, wird dies schlussendlich auch tun. Und gleichzeitig ist die Großglockner Hochalpenstraße ein Beweis dafür, welche großen Dinge man erreichen kann, wenn man an eine Sache glaubt. So, wie es auch bei der Gründung des Nationalparks Hohe Tauern der Fall war. Und darum feiern wir gemeinsam mit der GROHAG mit einer so spannenden Publikation dieses 100-jährige Jubiläum.“

Dr. Wolfgang Viertler, Bürgermeister Stadtgemeinde Mittersill, sagt: „Es ist eine große Freude für uns, dass mit dieser spannenden Publikation nicht nur der zentralen Bedeutung der Großglockner Hochalpenstraße für die gesamte Region, sondern auch der Rolle von Mittersill als Geburtsort der Großglockner Hochalpenstraße Rechnung getragen wird. Wir gratulieren und freuen uns auf die nächsten hundert Jahre!“

„Das Ergebnis ist eine spannende Publikation, die Dank ressortverantwortlichem LH Dr. Wilfried Haslauer und Dir. Dr. Oskar Dohle auch als Schriftenreihe des Landesarchivs erscheint und die Geschehnisse dieser entscheidenden fünf Tage im Sommer und Herbst des Jahres 1922 minutiös beleuchtet und somit ihre zentrale Bedeutung unterstreicht.“, so ‚Anrainerbürgermeister LAbg. Hannes Schernthaner aus Fusch an der Großglocknerstraße.

Für Heiligenblut und das Mölltal war das Ergebnis der Mittersiller Amtshandlung für die touristische und wirtschaftliche Entwicklung natürlich ein entscheidender Vorteil. Erstmals wird auch sichtbar, dass die Priorisierung der Variante über die Passhöhe am Hochtor (2.576m) nach Heiligenblut von Experten sachlich diskutiert wurde und wohlüberlegt war. Letztlich wurde auch festgehalten, dass die touristische Erschließung der Hohen Tauern und der Glocknergruppe durch die bereits vorhandene alte Glocknerstraße und das Glocknerhaus besonders geeignet und auch kürzer, wenngleich aus ´alpinistischer Sicht´ aufwendiger war.“, so der Bürgermeister aus Heiligenblut am Großglockner, Martin Lackner.

Quelle: OTS

Mehr Nachrichten aus

Österreich